Prämierte Filme 2023

Young Professionals – Platz 1: „HEIMWEH“ von Maja Bresink
Jury-Begründung: Der experimentelle Dokumentarfilm nutzt ein verlassenes Haus als Projektionsfläche für das Gefühl des Fremdseins im eigenen Körper nach einem sexuellen Übergriff, erzeugt dabei starke Analogien zwischen Innen- und Außenwelt und lässt wirkungsvolle Spielräume für die Phantasie des Publikums. Das stark fotografierte, ikonographisch inszenierte Gemäuer wird zur eindrücklichen Metapher für das physische Verbarrikadieren der Erzählerin, die subtile Bildsprache und der langsame, sensible Schnitt ermöglichen ein sich Einlassen auf den bewegenden, autobiographischen Text. Ein kluger, eigenständiger und mutiger Kurzfilm zu einem wichtigen Thema mit einem vorsichtig-optimistischen Ende, das berührt und Hoffnung macht.

Young Professionals – Platz 2: „TABU LA RASA“ von Emma Bading
Jury-Begründung: Ein grandioser Kurzfilm voll hintergründiger Situationskomik mit besonderem Gespür für Pointen und Timing. Eine großartige Inszenierung und ein intelligentes Drehbuch treffen auf ein starkes Schauspiel und eine herausragende Montage – und das starke Setting, die kreative Kameraarbeit und das schöne Grading machen den Film auch optisch zu einem echten Genuß. „Tabu La Rasa“ atmet Leichtigkeit und Optimismus, bricht (zumindest im Traum) mit gesellschaftlichen Konventionen und verströmt seine durchaus auch ernste Botschaft auf raffiniert augenzwinkernde Art und Weise.

Young Professionals – Lobende Erwähnung: „TWO WORDS ONE FINGER“ von David Kühnlein
Jury-Begründung: Eine packende Milieustudie mit einer starken Protagonistin, die einen intimen, ungeschönten Blick auf sich selbst und ihr Leben gewährt. Die herausragende Kameraarbeit, die gut abgestimmte Tongestaltung und die große Nähe zur Hauptperson lassen das Publikum in eine Welt eintauchen, die genauso fremd wie in Teilen vertraut erscheint. Insgesamt ein schonungsloses, wie auch respektvolles und einfühlsames Portrait einer besonderen Persönlichkeit, das berührt und bewegt.

 

Musikvideos – Platz 1: „PFEFFERSPRAY“ von Eveline Schönfeld
Jury-Begründung: „Me too“ ist noch lange nicht vorbei – „Pfefferspray“ greift ein wichtiges Thema auf und schafft es dabei, seinem Publikum einen Schauer über den Rücken laufen zu lassen. „Männerdominanz“ und „Mansplaining“ werden mit beißender Kritik reflektiert und entlarven sich schließlich selbst. Das Musikvideo besticht durch sein Storytelling, seine starke schauspielerische Leistung, sein tolles Setting und seine hochwertigen Bilder samt herausragendem Colour Grading – und durch seinen Bruch in der Darstellung, der die Geschichte verstärkt und zum Leben bringt. Dass "Conny" als männlicher Rapper erst am Ende erscheint, dann aber seine persönliche Perspektive auf das Thema in die Kamera spricht, verleiht noch einmal inhaltliche Tiefe und rundet die durchweg beeindruckende Inszenierung ab.

 

Musikvideos – Platz 2: „MASCHINENBAUERGEMETZEL“ von Julian Paul, Amelie Kriss-Heinrich & Paul Sies
Jury-Begründung: Ein stark inszenierter One-Take. Eine hervorragende Protagonistin. Eine wichtige Aussage. Das Video zum Song „Maschinenbauergemetzel“ konfrontiert sein Publikum gnadenlos mit den Niederungen männlicher Existenz. Der anklagende Blick der Darstellerin, die in beeindruckender Lippensynchronität den komplexen Songtext des Musikers vorträgt, richtet sich immer in die Kamera – sie kommt auf uns zu… Wir sind gemeint, wir können uns nicht entziehen. Maske und Kostümbild erschaffen eine eigenständige, stylische Bildsprache, die toll gewählte Location entfaltet eine beinahe hypnotische Wirkung. Insgesamt ein herausragendes Musikvideo, dessen Inhalt und Form lange nachwirkt.

Musikvideos – Lobende Erwähnung: „SOMEBODY ELSE“ von Thomas Guggenberger
Jury-Begründung: Der Film macht aus der Not eine Tugend – Fashawn wird zu Fishawn, ein kalifornischer Rapper zur heimischen Forelle, die lippensynchron in die Kamera rappt. Ein hervorragend inszeniertes Musikvideo mit liebevoll umgesetzten analogen Effekten, einer kreativen Kamera und einem starken Szenenbild, das sein Publikum mit auf einen turbulenten Angelausflug nimmt.

Kurzfilme 14 – 18 Jahre – Platz 1: „FEAR“ von Lilly Antonia Jerabek & Emma Pollmann
Jury-Begründung: Eine glaubhafte Darstellung der schwierigen Identitätsfindung eines jugendlichen Mädchens, die durch Vorurteile, Mobbing und Leistungsdruck fast unmöglich gemacht wird. Sich befragen vor dem Spiegel, sich überprüfen, sich falsch fühlen – schon der Einstieg in den Film lässt den Druck spürbar werden, der auf der Protagonistin lastet. Auch im weiteren Verlauf verströmt der Film eine beklemmend-düstere Atmosphäre und überzeugt insgesamt durch seinen kreativer Umgang mit der Kamera, seine wirkungsvoll eingesetzten Effekte, sein gutes Sound-Design und seinen starken Schnitt samt stimmungsvollem Colour Grading.

Kurzfilme 14 – 18 Jahre – Platz 2: „OPTIONAL OPTIMAL“ von Schülern aus Lich & Hungen
Jury-Begründung: Der Kurzfilm erzählt von authentischen Ausgrenzungserfahrungen, mit denen sich viele identifizieren können, und nutzt dabei eine besonders kreative Bildsprache. Die enge Gasse, die die Beklemmung der Protagonisten angesichts von Vorurteilen und Gehässigkeit darstellt, ist ein starkes Symbol – genauso wie die „Superhelden-Kostüme“ am Ende. Ein wirkungsvoller Film über Diskriminierung und Rollen-Klischees mit mutigen, symathischen Darsteller*innen, guter Dramaturgie und einer starken Kamera- und Schnittarbeit.

Kurzfilme 14 – 18 Jahre – Lobende Erwähnung: „POESIE SULLA NATURA“ von Ela Bas
Jury-Begründung: Ein Rilke-Gedicht. Eine sehr persönliche Reise durch die Natur – Der Kurzfilm „Poesie Sulla Natura“ bringt beides zusammen und besticht durch Schlichtheit, Symbolkraft und seine synästhetische Einheit von Bild und Ton. Produktionsgeräusche und der Verzicht auf einen Soundtrack verstärken den Eindruck der Natürlichkeit, des nicht Gekünstelten oder Pathehtischen, was bei der Verfilmung von Rilke-Gedichten schnell zur Versuchung wird. Die sensible Bildmontage mit poetischen Überblendungen und das schöne Colour Grading geben dem Film eine warme Strahlkraft und eigenständige Ästhetik.

Kurzfilme 19 – 27 Jahre – Platz 1: „THE STANDING BAR“ von Lan Mi Lê & Maja Bühler
Jury-Begründung: Ein besonderer Trickfilm mit klarer Story, eigenständiger Ästhetik und kraftvollen Farben, der non-verbal intuitive Gefühle von Harmonie und Disharmonie zwischen zwei Menschen vermittelt. Die visuell stark umgesetzten Animationen werden von einem fein abgestimmten Sound-Design getragen, vor allem aber verströmt „The Standing Bar“ den wohlig-warmen Charme des „Analogen“ und ragt mit seiner handgemachten, rauhen und liebevoll umgesetzten Stop-Motion-Technik weit heraus aus einem Meer von schnellen, digitalen Massenproduktionen.  

Kurzfilme 19 – 27 Jahre – Platz 2: „MINA“ von Kaveh Ahangar & Afghanischen Jugendlichen
Jury-Begründung: Die drastische Darstellung einer drastischeren Wirklichkeit. Ein bedrückendes Mahnmal gegen Gewalt und Unterdrückung von Frauen. Ein mutiger Kurzfilm, der lange nachhallt und mit starkem Story-Telling, gekonnter Montage und fulminanter Tongestaltung überzeugt. Vor allem aber ist es der herausragende sarkastische Text, der „Mina“ so einzigartig macht und erahnen lässt, dass die Protagonistin ihre vorgegebene Opferrolle als Frau in einem misogynen Staat innerlich ablegt. Eine wichtige, bewegende Stellungnahme afghanischer Jugendlicher, die aufgrund drohender Repressionen im Film tragischerweise unsichtbar bleiben müssen.

 

Publikumspreis:
„TABU LA RASA“ von Emma Bading

Sonderpreis „Demokratie (er)leben“:
„KABUL DEUTSCHLAND“ von Linda Verweyen

Sonderpreis Zonta-Club:
„HEIMWEH“ von Maja Bresink
„MINA“ von Kaveh Ahangar & Afghanischen Jugendlichen

Sonderpreis Evonik „Bester Film Regionale Helden“
„MATURE“ von Gina Carrocia